ungarische Musik.

ungarische Musik.
ụngarische Musik.
 
Die ungarische Volksmusik lässt im einstimmigen Volkslied zwei Schichten unterscheiden: eine ältere mit halbtonloser Pentatonik und Parlando-rubato-Vortrag, eine jüngere mit siebenstufiger Skala und rhythmisch strengem Vortrag. Volksmusikinstrumente sind u. a. neben verschiedenen Formen der Geige ein celloartiges Instrument (Gardon), Hackbrett (Cimbalom), Drehleier (Tekerő), Kernspaltflöte (Furulya) und eine volkstümliche Oboe (Tárogató).
 
Die ungarische Kunstmusik beginnt mit gregorianischen Gesängen sowie volkssprachliche Epik und dem Wirken ausländischer Musiker am ungarischen Königshof (um 1000). Mittel- und westeuropäische Einwanderer (seit dem 12. Jahrhundert) brachten ihre Musik mit; fahrende Musiker und Studenten vermittelten den Austausch mit dem übrigen Europa; seit Ende des 15. Jahrhunderts sind ungarische Tänze (Ungaresca) fester Bestandteil des gesamteuropäischen Repertoires. Während der türkischen Herrschaft (seit 1526) und der Dreiteilung des Landes (seit 1541) lebten, besonders im österreichischen Teil, Historiengesänge (Reimchroniken, politische Lieder) weiter; protestantische und hussitische Choralelemente ergänzten das volkstümliche geistliche Lied. Kunstmusik pflegten die Höfe des Hochadels, die Kirchen, Klöster und zum Teil die Schulen. Zwischen 1690 und 1711 entstanden die »Kurutzenlieder«, eine Verbindung von Historiengesang und Volkslied mit slowakischen, rumänischen und polnischen Zügen (z. B. die »Rákóczi-Weise«). Mitte des 18. Jahrhunderts trat der Verbunkos in Erscheinung, der durch Violinvirtuosen, u. a. János Bihari (* 1764, ✝ 1827), János Lavotta (* 1764, ✝ 1820) und A. Csermák ausgeprägt und von Zigeunerkapellen verbreitet wurde. Der Verbunkos und seine Abzweigungen in Csárdás und städtisches Lied sowie Freiheits- und Studentenlieder bilden einen volkstümlichen Stil, der von 1790 bis ins 20. Jahrhundert als typisch für die u. M. angesehen wurde. F. Liszt, Mihály Mosonyi (* 1815, ✝ 1870) und F. Erkel schufen eine nationale u. M. romantischer Prägung. An Liszt schließen Ödön Mihalovich (* 1842, ✝ 1929) und J. Hubay direkt an. In der deutschen romantischen Tradition stehen die Werke von E. von Dohnányi und Leó Weiner (* 1885, ✝ 1960); Erwin Lendvai (* 1882, ✝ 1949) gilt als bedeutender Chorkomponist. Zur Moderne zählen Sándor Jemnitz (* 1890, ✝ 1963), László Lajtha (* 1892, ✝ 1963) und F. Farkas. Die bedeutendsten ungarischen Komponisten, B. Bartók und Z. Kodály, waren zugleich Volksmusikforscher von Rang und griffen in ihren Kompositionen auf die ursprüngliche Bauernmusik zurück. Bartók verschmilzt nationales, volksmusikalisches Material mit hoch entwickelten Kompositionsverfahren. Die Konzeption Kodálys als Komponist und Pädagoge geht von der Volksmusik aus und hat über eine breite Chorbewegung und ein System von Musikschulen besonders seit 1945 die Grundlage einer neuen ungarischen Musikkultur geschaffen; sie findet seit den späten 1950er-Jahren als Modell internationaler Beachtung. Als Lehrer hat Kodály mehrere Komponistengenerationen ausgebildet, u. a. P. Kadosa, Ferenc Szabó (* 1902, ✝ 1969), Rudolf Maros (* 1917, ✝ 1982), P. Járdányi; im Ausland tätig waren u. a. M. Seiber, A. Doráti, S. Veress. Die zeitgenössische Musik vertreten u. a. G. Kurtág, G. Ligeti, Emil Petrovics (* 1930), Sándor Szokolay (* 1931), István Láng (* 1933), Z. Durkó, Attila Bozay (* 1939), P. Eötvös, R. Wittinger und Z. Kocsis.
 
 
B. Bartók: Das ungar. Volkslied (a. d. Ungar., 1925);
 Z. Kodály u. D. Bartha: Die u. M. (a. d. Ungar., Budapest 1943);
 B. Sárosi: Die Volksmusikinstrumente Ungarns (Leipzig 1967);
 B. Sárosi: Folk music. Hungarian musical idiom (a. d. Ungar., Budapest 1986);
 B. Szabolcsi: Gesch. der u. M. (a. d. Ungar., ebd. 31975);
 G. Kroó: U. M. - Gestern u. heute (a. d. Ungar., ebd. 1980).

Universal-Lexikon. 2012.

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